Samstag, 10. Februar 2018

Technologie und ihr Unzulänglichkeit bei gegen-Lösungen


Selbst bei so einem Artikel kann sich der Autor nicht enthalten, Putin und China eins reinzuwürgen. Der Putin ist auch an der Internetsucht Schuld und hat Wahlen manipuliert. Ist ja völlig klar.


Steven Gorelick
9. Februar 2018

Aus dem Englischen: Einar Schlereth

Auf den Seiten der Januar-Ausgabe von ‚Agriview‘, einer monatlich erscheinenden landwirtschaftlichen Publikation, die vom Staat Vermont herausgegeben wird, befand sich eine kurze Umfrage des Ministeriums für Öffentliche Dienste (DPS). Die Umfrage, die als Hilfe für das Amt bei der Erstellung des "Zehnjahres-Telecom-Plans" beschrieben wird, enthält acht Fragen, von denen die ersten sieben einfache Fragen mit Mehrfachwahl zu aktuellen Internet- und Mobilfunkdiensten auf der Farm des Befragten sind. Die letzte Frage ist die, die mir aufgefallen ist:

„In welcher Weise könnte ihr Betrieb verbessert werden mit besserem Zugang zum Zellen-Signal oder einem schnelleren Internet-Service verbessert werden?“

Zwei Dinge werden sofort durch diese Frage enthüllt:

a) DPS glaubt, dass das einzig mögliche Ergebnis für schnelleren und besseren Telekommunikations-Zugang der ist, dass alles „verbessert“ wird.

b) Wenn du mit DPS nicht in Punkt a) übereinstimmst, dann wollen sie gar nichts hören.

Ein Zyniker könnte schließen, dass die DPS nur nach Umfrage-Ergebnissen sucht, die Entscheidungen, die sie bereits getroffen haben, rechtfertigen, und das stimmt wahrscheinlich. Aber die optimistische, eindimensionale Betrachtung von technologischer Veränderung ist in der Tat die akzeptierte Norm in Amerika. In seinem Buch ‚In Abwesenheit des Heiligen‘ verweist Jerry Mander darauf, dass neue Technlogien durch „Szenarios-in-bestem-Fall“ eingeführt werden: „Die erste Welle der Beschreibung ist unausweichlich optimistisch, sogar utopisch. Das kommt daher, dass in kapitalistischen Gesellschaften die ersten Beschreibungen neuer Technologien von ihren Erfindern kommen und den Leuten, die von ihrer Akzeptanz gewinnen.“ [1]

Silicon Valley-Unternehmer haben aus dem utopischen Aufbauschen eine Kunst gemacht. Der Microsoft-Gründer Bill Gates, einer der einflussreichsten Einpeitscher von Hochtechnologie, gab uns solche Plattitüden wie „persönliche Komputer (PCs) sind das beste Arbeits-Hilfsmittel, das jemals geschaffen wurde“ [2] und mein Favorit „Technologie ist die Öffnung für unser angeborenes Mitgefühl für unsere Mitmenschen.“ [3] Andere Weissager wie etwa der Facebook-Gründer Mark Zuckerberg, informieren uns, dass soziale Medien „die Welt transparenter machen“ und „jedem eine Chance geben“. Überflüssig zu sagen, dass Gates und Zuckerberg und andere Milliardäre geworden sind dank der bereitwilligen Annahme der Öffentlichkeit der Technologien, die sie angepriesen haben.

Die DPS-Umfrage enthüllt einen weiteren Nachteil der Art, wie wir Technologie ansehen: wir neigen dazu, Technologie nur danach zu bewerten, wie nützlich sie für uns persönlich ist. Jerry Mander sagte es auf diese Weise:
„Wenn wir einen PC benutzen, fragen wir uns nicht, ob die PC-Technologie die atomare Vernichtung mehr oder weniger wahrscheinlich macht oder ob die Macht der Unternehmen vergrößert oder verringert wird. Wenn wir Fernsehen schauen, denken wir nicht an die Auswirkung auf Dutzende Millionen Menschen in der Welt, die dieselben Bilder gleichzeitig sehen noch daran, wie das Fernsehen die Auffassungen und Kulturen vereinheitlicht … Wenn wir Kritik an der Technologie haben, ist sie gewöhnlich auf Details persönlicher Unzufriedenheit beschränkt.“

Die DPS demonstriert diese enge Sichtweise: es fragt nur, wie schnellere Kommunikation das „Landwirtschafts-Unternehmen“ des Befragten beeinflusst, wobei weitere Auswirkungen – auf die Familie und die Gemeinschaft, auf die Gesellschaft als Ganzes und die natürliche Welt – völlig abgetrennt werden. Ein enger Fokus ist besonders problematisch, wenn es um diditale Technologien geht, weil die Vorzüge, die sie uns als Individuen bieten – ultra-schnelle Kommunikation, die Fähigkeit, auf Unterhaltung und Information aus der ganzen Welt zugreifen zu können – so offensichtlich sind, dass sie uns blind machen für die größeren und langfristigeren Auswirkungen machen.

Vor kurzem jedoch – trotz allem Aufbauschen und dem ständigen Sperrfeuer der Reklame – fangen Risse an sich in dem pro-digitalen Konsens zu bilden. Die Illusion, dass Technologie „Mitleiden für unsere Mitmensche freisetzt“ wird schwerer aufrecht erhalten werden können angesichts dessen, was wir jetzt wissen: digitale Technologien sind die Basis für ‚Smarte Bomben‘ , Drohnen-Kriegführung und autonome Waffen; sie befähigen Regierungen, praktisch jeden zu überwachen und erlauben es Unternehmen, Informationen über unsere Gewohnheiten und Verhalten zu sammeln und zu verkaufen; sie erlauben online-Verkäufern, stationäre Geschäfte zu zerstören, die wichtig sind für gesunde örtliche Ökonomien.

Wir haben auch erfahren, dass die sozialen Medien uns nicht nur erlauben, mit Familie und Freunden in Verbindung zu bleiben, sondern dass sie auch ein mächtiges Instrument zur Rekrutierung von Extremisten-Gruppen sind – von neo-Nazis und weißen Ku-Klux-Klan Rassisten bis zur ISIS. Und alle, außer den eingefleischtesten Trump-Anhängern geben zu, dass soziale Medien benutzt werden, 2016 demokratische Prozesse zu unterbrechen, und dass sie effektiv benutzt werden von autoritären politischen Führern in der ganzen Welt – einschließlich Trump – um falsche Informaitonen und „alternative Fakten“ zu verbreiten.

Die Leute fangen sogar an zu sehen, dass soziale Medien keineswegs „uns Individuen stärken“. Wir erkennen die
suchterzeugende Natur des Internet-Gebrauchs, obwohl die meisten von uns es noch nicht ernst nehmen, wenn ein Freund sagt „Ich bin völlig von Facebook abhängig!“ – dann
lachen wir einfach. Aber es ist nicht zum Lachen. Laut dem ‚American Journal of Psychiatry‘: „Ist die Internet-Sucht resistent gegen Behandlung, bringt bedeutende Risiken mit sich und hat hohe Rückfall-Raten.“ [4] Die Risiken sind am höchsten unter Jugendlichen: eine Studie von 14-24-Jährigen in England fand, dass die sozialen Medien „das Bild vom eigenen Körper bei Kindern und jungen Leuten verschlechtern, das Schikane, Schlaf-Probleme und Angstgefühle, Depression und Einsamkeit verschlimmert werden“. [5] Nicht überraschend fand eine US-Studie von 2017, dass die Selbstmordrate unter Teenagern in dem Maße ihres Besitzes von Smartphones wächst. [6]


Das ist sicherlich kaum überraschend innerhalb der Welt des digitalen Designs. Der Gründer-Präsident von Facebook Sean Parker gibt jetzt zu, dass das Unternehmen von Anfang an wusste, dass sie ein süchtig machendes Produkt schufen, das darauf abzielt, „einen wunden Punkt in der menschliche Psychologie auszubeuten“. [7] Nir Eyal, Unternehmens-Berater und Autor von „Hookes: How to Build Habit-Forming Products‘, erkennt an, dass „die Technologien, die wir benutzen, sich in Zwänge verwandelt haben, wenn nicht regelrecht Süchte … so wie ihre Schöpfer es beabsichtigten.“ [8]

Diese Süchte haben ernste Konsequenzen nicht nur für das Individuum, sondern für die Gesellschaft insgesamt: „Das kurzfristige, Dopamin-getriebene Feedback, das wir geschaffen haben, zerstört das Funktionieren der Gesellschaft. Kein Austausch der Bürger, keine Kooperation, Misinformation, Misstrauen.“ Dies ist nicht die Meinung von linken Technikfeinden, sondern von dem ehemaligen Vize-Präsidenten für Konsumenten-Zuwachs, Chamath Palihapitiya.[9]

Digitale Technologien sind eine Bedrohung der Demokratie, die tiefer reicht, als selbst Wladimier Putin hoffen kann. Laut dem ehemaligen Google-Strategen James Williams : „Die Dynamik der Aufmerksamkeitsökonomie ist strukturell geeignet, den menschlichen Willen zu unterminierren. Wenn Politik ein Ausdruck unseres menschlichen Willens ist … dann wird die Aufmerksamkeitsökonomie die Voraussetzungen, auf denen Demokratie beruht, unterminieren.“ [10]

Es gibt auch Beweise, dass die Benutzung eines PCs durch ein Kind negativ seine neurologische Entwicklung beeinflusst. [11] Tech-Insider wie Sean Parker wissen vielleicht nicht ganz genau, „was den Gehirnen unserer Kinder angetan wird“, aber Parker geht keine Risiken ein: „Ich kann die Entscheidungen meiner Kinder kontrollieren, was bedeutet, dass ihnen nicht erlaubt wird, den Scheiß zu benutzen.“ [12] Viele der Technologen im Silicon Valley halten ihre Kinder von Bildschirmen fern, indem sie zum Teil ihre Kinder auf Privatschulen schicken, die das Benutzen von Smartphones, Tablets und Laptops verbieten. [13 ] Unterdessen puschen die Unternehmen, für die sie arbeiten, ihre Sucht produzierenden Produke für die Kinder weltweit: Alphabet, Googles Mutter-Unternehmen, liefert „kostenlose“ Tablets an öffentliche Grundschulen, während Facebook kürzlich ein neues App, Messenger Kids genannt, ausliefert, das speziell für Kleinkinder gedacht ist. [14]


Viel on dem „besten Szenario-Fall“ für digitale Technologie beruht auf seiner angeblichen Umweltfreundlichkeit (erinnert ihr euch noch and „papierlose Gesellschaft“?). Aber Illusionen über „saubere“ Technologie lösen sich auf angesichts der schrecklichen Giftwüste von Baotou, China, wo die seltenen Erden – die für fast alle digitalen Geräte gebraucht werden – gewonnen und verarbeitet werden. [15]

Ein weiteres schmutziges Geheimnis ist die kumulative Energie, die von all diesen Technologien gebraucht wird: es wird geschätzt, dass innerhalb der nächsten Jahre die Internet-verundenen Geräte mehr Energie verbrauchen werden, als die Luft- und Schifffahrt zusammen; 2040 wird sie für 14 % der globalen Treibhausgase verantwortlich sein – etwa so viel wie der Ausstoß der USA heute. [16]

Was bedeutet all dies für den gewöhnlichen Bürger? Erstens müssen über die unmittelbare Bequemlichkeit hinausschauen, die uns die Technologien als Individuen bieten; wir müssen die breiteren Auswirkungen auf die Gemeinde, die Gesellschaft und die Natur beachten. Wir sollten sehr skeptisch gegenüber den utopischen Behauptungen jener sein, die die Profite der neuen Technologien einstreichen. Und, vielleicht am wichtigsten, wir müssen unseren Kindern erlauben, so lange wie möglich in der Natur und der menschlichen Gemeinschaft aufzuwachsen, statt in der Technosphäre und vor den grünen Schirmen. Wenn wir das tun, wird das eine Herausforderung von Schulleitern und Verwaltern bedeuten, denen die Idee verkauft wurde, dass es die beste Art und Weise sei, die Kinder vor Bildschirme zu setzen, „um sie auf die Zukunft vorzubereiten“.

Was die Umfrage von DPS angeht, wird meine Antwort sein, dass die Kosten des verbesserten Zugriffs bei weitem die Vorteile übersteigen. Es hätte keinerlei Einfluss auf meinen Betrieb, der eigentlich nur direkte Verkäufe an nahe gelegene Geschäfte und Personen tätigt. Noch wichtiger, unsere Farm ist nichtnur ein „Landwirtschafts-Betrieb“, sondern auch unser Heim und dort wäre die Auswirkung am größten. Besserer digitaler Zugang würde es mir und meiner Familie einfacher machen, ein Suchtverhalten anzunehmen, von online Glücksspiel und Pornographie bis zu zwingenden Einkäufen, Videospielen und Internet „Vernetzung“. Es würde die Aufmerksamkeit meiner Kinder fordern, würde sie verletzlicher machen für Unsicherheit und Depression, während die Zeit besser genutzt würde für die Natur und den Umgang mit Freunden und Nachbarn von Angesicht zu Angesicht. Es gibt noch mehr große Auswirkungen: Wir würden stärker versucht sein, unsere Einkäufe online zu tätigen, womit wir den ansässigen Geschäften schaden würden und das Geld aus unserer Gemeinde abziehen würden. Und beinahe alles, was wir online tun würden, wäre ein Zuwachs des Reichtums von einer Handvoll Unternehmen – Amazon, Google, Facebook, Apple u. a. – die bereits zu den Mächtigsten der Welt gehören.

Das sind bedeutende Auswirkungen. Aber DPS will davon nichts hören.

Übersetzt mit Hilfe von www.DeepL.com/Translator.

Fußnoten:


[1] Mander, Jerry (1991) In the Absence of the Sacred, Sierra Club: San Francisco.

[2] Speech at University of Illinois Urbana-Champaign, Feb. 24, 2004.

[3] “Bill Gates: Here’s my plan to improve our world – and how you can help”, Wired magazine, November 12, 2013

[4] Konnikova, Maria, “Is Internet Addiction a Real Thing?” The New Yorker, November 26, 2014.

[5] Campbell, Dennis, “Facebook and Twitter ‘harm young people’s mental health’”, The Guardian, May 19, 2017.

[6] “Teen suicide rate suddenly rises with heavy use of smartphones, social media,” Washington Times, Nov. 14, 2017.

[7] Solon, Olivia, “Ex-Facebook president Sean Parker: site made to exploit human ‘vulnerability’”, The Guardian, November 9, 2017.

[8] Lewis, Paul, “’Our minds can be hijacked’: the tech insiders who fear a smartphone dystopia”, The Guardian, October 6, 2017.

[9] Wong, Julia Carrie, “Former Facebook executive: social media is ripping society apart”, The Guardian, December 12, 2017

[10] Lewis, P. op. cit.

[11] Carr, Nicholas (2010) The Shallows: What the Internet Is Doing to Our Brains, W.W. Norton.

[12] Wong, Julia Carrie, op. cit.

[13] Lewis, P. op. cit.

[14] Kircher, Madison Malone, “Facebook Releases App for Kids Under 13. What Could Possibly Go Wrong Here?” New York Magazine, December 4, 2017.

[15] Maughan, Tim, “The dystopian lake filled by the world’s tech lust”, BBC Future, April 2, 2015.

[16] “’Tsunami of data’ could consume one-fifth of global electricity by 2025”, The Guardian, December 11, 2017.

AUTHOR BIO: Steven Gorelick is Managing Programs Director at Local Futures. He is the author of the ‘Small is Beautiful, Big is Subsidized’, co-author of ‘Bringing the Food Economy Home’, and co-director of ‘The Economics of Happiness’. His writings have been published in ‘The Ecologist’ and ‘Resurgence’ magazines. He frequently teaches and speaks on local economics around the US.

Originally published on the Economics of Happiness Blog at https://www.localfutures.org/technology-and-its-discontents/.




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