Montag, 14. März 2016

Einen Damm zu zerstören ist Terrorismus oder auch nicht

Mickey Z.


7. März 2016


Aus dem Englischen: Einar Schlereth

Eder-Talsperre am 17. Mai 1943. Bundesarchiv, Bild 183-C0212-0043-012 / CC-BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Der Titel eines Artikels vom 3. März 2016 reizte mich, ihn zu öffnen: „1.5 Millionen Menschen könnten sterben, wenn der Mosul-Damm bricht, sagt ein Iraq-Experte“. Ich zitiere:

„Die US-Botschaft in Baghdad sagte, dass ein Kollaps des Dammes im Norden  'ernst und nie dagewesen' wäre. Etwa 500 000 – 1.47 Millionen Iraker 'würden wahrscheinlich nicht überleben' die Flutwelle und das Wasser könnte eine Höhe bis 15 m in der nahegelegenen Stadt Mosul erreichen.“


Selbst ein Skeptiker kann sich leicht vorstellen, dass die versagende Infrastruktur im Irak auch seine Dämme umfasst. Aber was ist, wenn ich euch daran erinner, dass Mosul eine ISIS-Hochburg ist? Und was, wenn ich hinzufüge, dass die US- und Irak-Streitkräfte eine massive gemeinsame Attacke auf Mosul geplant haben? Bevor ihr auf die beiden Fragen antwortet, lasst uns etwas mehr über Dämme erfahren.

Land der Dämme
Die US-Regierung erzählt uns: „Dämme liefern eine Reihe von wirtschaftlichen, sozialen und Umweltvorteilen, wie etwa Erholung, Überschwemmung-Kontrolle, Wasserversorgung, Strom, Müll-Management, Flussschiffahrt und Habitat für wilde Tiere.“

Aber Jacques Leslie, Autor von 'Deep Water: The Epic Struggle over Dams, Displaced People, and the Environment' zeichnet ein anderes Bild: „Die Dämme der Welt haben so viel Gewicht verschoben, dass Geophysiker glauben, dass sie die Geschwindigkeit der Erdrotation leicht verändert haben, die Neigung der Achse und die Form des Gravitationsfeldes.“Mehr als 45 000 große Dämme (lies: mindestens 15 m tief) wurden im 20. Jahrhundert gebaut und diese Bauten beeinflussen alles Leben auf der Erde. In Kalifornien alleiin haben die Dämme zu einem Verlust von 90 % der Fluss-Landschaften und zu 95 % der Lachse und Regenbogenforellen geführt – dies alles zu Kosten, die 50 mal höher sind als mehr effiziente Lösungen. Und es kommt noch mehr:

1. Dämme geben Treibhausgase ab
Laut einer Studie vom Nationalen Institut für Weltraumforschung geben die 4500 Dämme Indiens (dritthöchste Dichte nach USA und China) „eine Menge an Methan ab, die dem Äquivalent von 850 Millionen Tonnen  Kohlendiokzd pro Jahr entspricht“. Es scheint, dass sowohl Karbondioxyd und Methan „freigegeben werden durch verfaulende Vegetation von Überläufen, Reservoirs und Turbinen der Elkraftwerke, aber das Methan kann 23 mal mehr Hitze speichern als Karbondioxyd.“

2. Dämme vertreiben Menschen
Bis zu 80 Millionen Menschen sind weltweit durch Dämme vertrieben worden, wegen der Reservoire, die beim Dammbau entstehen. Außerdem fehlt den Menschen, die stromabwärts leben, die Dynamik des Fluss-Ökosystems, das ursprünglich ihre Umwelt war.

3. Dämme fördern die Erosion
Die Leute von 'International Rivers' erklären, dass Dämme Sedimente zurückhalten, die normalerweise die Ökosysteme flußabwärts erneuern würden. „Wenn ein Fluss seiner Sediment-Last beraubt wird, versucht er, sie sich flussabwärts zurückzuholen, indem er das Flussbett und die Ufer erodiert, Brücken unterminiert und Flussuferstrukturen,“ fahren sie fort. „Flussbette unterhalb von Dämmen werden innerhalb eines Jahrzehnts nach Schließung des Damms um mehrere Meter erodiert, was sich über dutzende oder hunderte Kilometer weiter fortsetzen kann.“

4. Dämme führen zu Pflanzen- und Tiervernichtung
Die Einführung solch einer unnatürlichen Struktur hat vorhersehbar zur Auslöschung vieler Fisch- und anderer aquatischen Arten geführt, zur Auslöschung von Vögeln in Flusslandschaften, massiven Waldverlusten, Feuchtgebieten und Ackerland.

Wenn man das alles bedenkt, sollte es keine Überraschung sein, dass manche Öko-Aktivisten die Zerstörung von Dämmen erwogen haben. Es sollte auch keine Überraschung sein, dass solche Träumereien für die bestehenden Mächte als „Terrorismus“ eingestuft werden. Was für manche vielleicht eine Überraschung ist, dass es für die Herrschenden überhaupt kein Problem ist, Dämme in die Luft zu jagen … wenn es ihren Interessen dient.

„Verhungern und langsamer Tod“
Im 2. Weltkrieg erfanden britische Wissenschaftler eine sich drehende, zylindrische „Damm-Sprengbombe“ speziell zur Zerstörung deutscher Dämme. Weniger als ein Jahrzehnt später bombte die US-Luftwaffe den Toksan Damm (unter anderen), um Nord-Koreas Reisfelder zu überfluten. Sie rechtfertigte diese Taktik folgendermaßen: „Für die Kommunisten bedeutet die Zerstörung der Dämme die Zerstörung ihrer Hauptnahrungsquelle, was für jeden Asiaten Verhungern und langsamer Tod bedeutet.“

Schnellvorlauf zum US-Überfall auf Südostasien. In einem jetzt freigegebenen Memorandum hat am 15. April 1969 der populäre Prediger Billy Graham Präsident Nixon gedrängt, die Deiche zu sprengen, was „über Nacht die Ökonomie Nordvietnams zerstören würde“. Auch ohne den Prediger Graham und seine himmlische Sanktion war die Bombardierung von Deichen in Südvietnam eine allgemeine und unumstrittene Taktik.

Schnellvorlauf zum heutigen Irak. Die ISIS, die Osama als Feind Nr. 1 ersetzt hat (zumal in einem Präsidenten-Wahljahr), beherrscht Mosul und da gibt es zufällig in der Nähe einen Damm, der bricht.

Zur Erinnerung: Einen Damm zu zerstören ist Terrorismus … außer wenn es keiner ist.

Quelle - källa - source

1 Kommentar:

  1. Na da kommt Laune auf ... trotzdem: gut recherchiert. Mercí

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