Dienstag, 5. April 2011

Westfälischer Friede, Bandung-Konferenz, Elfenbeinküste und Libyen

Was zum Teufel hat das alles miteinander zu tun? Eine ganze Menge, wie wir sehen werden.
Der eine oder andere erinnert sich vielleicht dunkel daran, dass es mit dem Ende des 30-jährigen Krieges zu tun hatte. Und das stimmt ja auch. Aber er war viel mehr - er beendete auch den 80-jährigen Unabhängigkeitskampf der Niederlande. Und er war noch viel mehr. Dieser Friede von 1648 galt fast zwei Jahrhunderte lang als Vorbild für weitere internationale Verhandlungen und anerkannte erstmals die Gleichberechtigung aller Staaten, ob groß oder klein  sowie die Gleichstellung der protestantischen und katholischen Religion. Allein der Papst Innozenz X schien unzufrieden. Er nannte den Vertrag "null, nichtig, ungültig, frevelhaft, ungerecht, verdammenswert, ruchlos, eitel, leer jeden Sinnes und Effektes für alle Zeiten". Nun, das kennt man ja. Der 'Heilige Stuhl' hat sich noch immer gegen jeden, wenn auch noch so kleinen Fortschritt gestemmt.
Noch heute wird der Westfälische Friede als Ausgangspunkt einer europäischen Friedensordnung gleichberechtigter Staaten und für ein friedliches Miteinander der Konfessionen angesehen.
Und Bandung? Das ist eine große Stadt im Westen der indonesischen Insel Java, wo 1955 die erste afrikanisch-asiatische Konferenz abgehalten wurde, an der 23 asiatische und sechs afrikanische Länder teilnahmen, die mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung repräsentierten. Auf der deutschen Wikpedia-Seite wird nur allgemein davon gesprochen, dass es um Antikolonialismus ging. Nichts darüber, welche Länder teilnahmen und was beschlossen wurde. Auf der englischen Wikiseite wird die Teilnahme Chinas unterschlagen, aber im Text wird klar, dass es teilgenommen hat, und es wird immerhin auch die  'Zehn-Punkte-Erklärung zur Förderung  von Frieden und Zusammenarbeit der Welt' aufgeführt (findet sich hier). Ich will nur die drei nennen, die auf die entscheidende Initiative des chinesischen Außenministers Zhou Enlai zurückgingen, um die es hier geht: Punkt 2: 'Respekt vor der Souveränität und territorialen Integrität aller Länder' ; Punkt 3: 'Anerkennung aller Rassen und der Gleichheit aller Nationen, ob groß oder klein' sowie die Aufforderung in Punkt 4: 'sich jeder Intervention oder Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines anderen Landes zu enthalten'.
Diese revolutionären Prinzipien richteten sich natürlich in erster Linie gegen die Supermächte - damals Sowjetunion und insbesondere die USA. Aber auch der Gedanke an all die ungerechten Grenzen, die der Kolonialismus als unseliges Erbe hinterlassen hatte, spielte eine wichtige Rolle. China hat konsequent - und bis heute - darauf gedrängt, die damit verbundenen territorialen Streitigkeiten durch Diskussionen und friedliche Mittel zu lösen.
Dieses Prinzip ist leider nur in den seltensten Fällen zur Anwendung gekommen, allerdings wird heute noch anerkannt, dass der 'Geist von Bandung' wesentlich zum Entkolonialisierungsprozess beigetragen hat. Und Interventionen waren für eine gewisse Zeit verpönt. Deswegen konnten Solidaritätsbewegungen auch in verschiedenen imperialen Kriegen (Algerien, Angola, Guinea-Bissao, Mosambik und vor allem Vietnam) mehr oder weniger stark werden, auch wenn die Linke in den seltensten Fällen geeint war.
Dann kam der erste große Bruch: Der Einmarsch Tansanias 1978 in Uganda zum Sturz Idi Amins und Vietnams 1979 in Kambodscha zum Sturz Pol Pots. Ausgerechnet Tansania - das Symbol des sogenannten 3. Weges und  Vietnam, das sozialistische Symbol eines siegreichen Befreiungskampfes. Beide Invasionen fanden den (fast) ungeteilten Beifall der Welt von links bis rechts. Von Moskau bis Washington, von Rom bis Tokyo. Und seit damals ist die 'Linke' noch heilloser gespalten.
Das Prinzip des Nicht-Angriffs und der Nicht-Einmischung war durchbrochen und viele Gründe für die 'humanitären Interventionen' in Kossovo, Irak, Afghanistan und nun in Libyen und Elfenbeinküste wurden damals gelegt. Und nun ist ein großer Teil dessen, was sich einmal links genannt hat, endgültig fest 'eingebettet' im imperialistischen System. Requiescat in pace.


Das war schon das von Lenin und Ho Chi Minh vorhersagte Los der damaligen Linken, die ihre Prinzipien verrieten und sich in die glorreichen Sozialdemokraten verwandelten.



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